BCKategorie 08.11.2017 09:18:51 Uhr

Wittigsche Villa

Die Wittigsche Villa ist ein repräsentatives Anwesen des früheren Köthener Kaffeefabrikanten Louis Wittig. Straßenbildprägend im Bereich der Bärteichpromenade besteht das Anwesen aus der Fabrikantenvilla, Kontor-, Fabrik- und Remisengebäuden und einem Park. Die Kaffeeersatzfabrik Louis Wittig & Co. wurde im Jahr 1860 gegründet, ab 1872 stellte die Fabrik homöopathischen Gesundheitskaffee (Dr. Lutzes Gesundheitskaffee) her.

Das Anwesen ist insgesamt ein eindruckvolles Beispiel eines hochgründerzeitlichen "Fabrikanten-Etablissements" in der charakteristischen Verbindung der Funktionen Wohnen, Repräsentation, Verwaltung und Produktion und damit ein wertvolles Denkmal der Architektur- und Wirtschafts-, Kultur- und Mentalitätsgeschichte des späten 19. Jahrhunderts.

Heute befindet sich die Wittigsche Villa in sanierungswürdigem Zustand. Im ehemaligen Fabrikgebäude ist derzeit eine Firma ansässig.


Wittigsche Villa

Beherrschend im Mittelpunkt des Anwesens ist die 1884/85 nach einem Entwurf des Architekten Schmidt aus Halle (Saale) erbaute schlossartige Unternehmervilla im neubarocken Stil französischer Prägung. In der Adaption aristokratischer Architekturformen ist die Wittigsche Villa ein typisches "Unternehmerschloss" der Hochgründerzeit:

  • zweigeschossiger, sehr repräsentativer Putzbau über hohem Souterrain mit Mansarddach,
  • die Parkseite palaisartig mit flachen Seitenrisalten,
  • an der Ostseite belvedereartiger Turm, hier zugleich Haupteingang und reiche Fassadengliederung,
  • die Fenster mit barockisierenden Ohrenfaschen sowie Segmentbogen- und Dreiecksgiebeln als Verdachungen,
  • der Fassadendekor am Belvedere durch Bogenstellungen und besonders reiches Stuckornament hervorgehoben
  • in der Strenge der Gliederung und der Opulenz der dekorativen Details Vorbildern der französischen Renaissance- und Barockarchitektur des späten 16. und des 17. Jahrhunderts entsprechend.


Fabrik- und Remisengebäude

Die ausgedehnten Fabrik- und Remisenbauten stehen in bemerkenswertem stilistischem Kontrast zur Villa als schlichte Ziegelrohbauten mit Zinnenbekrönung in einer Art pseudomittelalterlichem Burgenstil, desgleichen die nördlich und westlich anschließenden zweigeschossigen Remisen für die Fuhrwerke. Der Hof zeugt ebenfalls von burgartigem Charakter, die Remisengebäude sind gewissermaßen als "Vorburg" ausgebildet.

Der entlang der Museumsgasse gelegene Baublock des ehemaligen Fabrikgebäudes von 1874, im Jahre 1927 durch den Arichtekten Alfred Wagner gestalterisch im Sinne sachlicher Architekturauffassung purifiziert, die Parkseite jedoch im ursprünglichen Erscheinungsbild weitgehend erhalten: schlichter Ziegelrohbau mit Rundbogen- und Pilastergliederung im Burgenstil, innen Holzdecken auf gusseisernen korinthischen Säulen.


Kontorgebäude

Besonders wertvoll ist das hochrepräsentative Kontorgebäude zwischen Fabrikflügel und Villa:

  • eingeschossiger Putzbau neobarocken Stils mit Mansarddach und gartenseitigem achteckigen Turm mit Spitzhelm,
  • aufwendige, stark plastische Fassadengliederung mit Fensterverdachungen, Eckrustizierung und säulengerahmten Ädikulaportal,
  • innen Vestibül und großzügige Kontorhalle mit vier gusseisernen korinthischen Säulen und schwerer Stuckdecke in barockisierenden Formen,
  • in der Mittelachse des Raums die repräsentativ umrahmte Flügeltür des Direktorenzimmes, dieses mit aufwendiger hölzerner Ausstattung, in der kunsthandwerklichen Gediegenheit der Ausführung typisches Repräsentationsinterieur der Gründerzeit,
  • kulturhistorisch aussagekräftig die räumliche Inszenierung von Vestibül, Kontorhalle und Direktorialzimmer in Wiederaufnahme des Suitenprinzips absolutistischer Palastbaukunst, hier im Sinne des Repräsentationsbedürfnisses eines gründerzeitlichen Großunternehmers umgesetzt.


Park

Die Wittigsche Villa, Verwaltungs- und Fabrikbauten sind nach der Südseite zur Promenade hin von einem kleinen Park umgeben mit dichtem, alten Baumbestand und malerisch gewundenem Wegenetz, einem oktogonalen Pavillon aus Gusseisen sowie einer repräsentativen Brückeneinfahrt von 1881, an besonderen Verweilplätzen befinden sich verschiedene Steinbänke.


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