Klares Zeichen gegen das Vergessen: Köthen erhält weitere Stolpersteine in Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus
Der amtierende Oberbürgermeister, Alexander Frolow, erinnerte bei der Veranstaltung an das Ende des zweiten Weltkrieges vor 71 Jahren und daran, wie Menschen an den Rand der Gesellschaft verbannt und später ermordet wurden. „Das kann uns nicht unberührt lassen“, so Frolow. Die Stolpersteine seien eine Möglichkeit, die Schicksale dieser Menschen dem Vergessen zu entreißen. Frolow dankte ausdrücklich der Köthener Stadtarchivarin, Monika Knof, die das Projekt stadtseitig begleitet, sowie dem Künstler Gunter Demnig. Die Aktion ist bereits die zweite in Köthen. Im Jahr 2010 wurden acht Stolpersteine für jüdische Geschäftsleute verlegt, die 1938 ihrer Existenz beraubt, vertrieben und ermordet wurden.
Zur Verlegung der Stolpersteine waren auch Peggy Riehl, Mitarbeiterin der Jugendbegegnungsstätte Martinskirche, und einige Jugendliche gekommen, die sich bereits im Rahmen des Projektes „Begegnung mit unserer Geschichte“ mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus beschäftigen. Im Juli steht im Rahmen des Projektes eine Fahrt zur Kriegsgräber- und Gedenkstätte Golm an.
Stolpersteine – Ein Kunstprojekt für Europa
Das Projekt Stolpersteine wurde vom Künstler Gunter Demnig Anfang der 90er Jahre ins Leben gerufen. Dabei sollen kleine aus Messing gefertigte Gedenktafeln, die in den Boden eigelassen werden, an das Schicksal von Menschen erinnern, die zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, vertrieben und vernichtet worden sind. Die Gedenktafeln, die sogenannten Stolpersteine, werden vor dem letzten selbstgewählten Wohnort der Menschen verlegt. Finanziert wird die Herstellung und Verlegung der Stolpersteine durch Patenschaften und Spenden.
Stolpersteine 2016
Bei der Aktion wurden in der Baasdorfer Straße 43 zwei Steine für die Schwestern Gusti und Vera Meyer verlegt. Ihrer Eltern Max und Doris Meyer gedenken bereits zwei Stolpersteine, die bei einer ersten Aktion im Jahr 2010 verlegt worden waren. Die Familie Meyer führten ein Geschäft für Modewaren und Konfektion am Buttermarkt, verlor jedoch 1938 durch Boykottmaßnahmen und Plünderungen ihre Existenzgrundlage. Im April 1942 wurde die Familie von Magdeburg aus in das Warschauer Ghetto deportiert.
Vier Stolpersteine in der Schalaunischen Straße 35 erinnern an das Schicksal der Familie Heilbrunn. Das Ehepaar Anselm und Hildegard Heilbrunn führte in der Schalaunischen Straße 35 ein Geschäft, wobei Anselm Heilbrunn als persönlich haftender Gesellschafter in die offene Handelsgesellschaft „S.Weiß“ eintrat und seiner Frau Hildegard Prokura erteilt wurde. Dem Ehepaar wurden eine Tochter (Ursula) und ein Sohn (Gerd) geboren. Durch Boykott verlor die Familie Heilbrunn ihre Geschäftsgrundlage und musste in die Alexanderstraße umziehen. Von dort wurde die Familie 1942 deportiert. Hildegard Heilbrunn und ihre Kinder Ursula und Gerd wurden in Treblinka ermordet. Anselm Heilbrunn wurde aus Auschwitz befreit, starb aber an den Folgen der Lagerhaft im Juni 1945 in Kattowice.
Zwei weitere Steine erinnern in der Magdeburger Straße 15 an die Eheleute Adolf und Recha Abosch. Recha Abosch war die Tochter des Viktualienhändlers Simon Glück, und später Gesellschafterin der Firma „Abosch & Co., Kommanditgesellschaft“. Das Paar hatte zwei Kinder, Sohn Herbert und Tochter Susi. Nach 1933 ist die Familie Abosch in den Adressbüchern nicht mehr aufgeführt. Das Grundstück in der Magdeburger Straße wurde 1942 zwangsversteigert. Recha Abosch wurde 1942 deportiert und Adolf Abosch 1943 in Auschwitz ermordet. Was aus beiden Kindern wurde, ist nicht bekannt.