Die ersten Stolpersteine sind verlegt
Ein Projekt, das die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung der Juden und anderer Verfolgter lebendig hält. Gunter Demnig hat bisher europaweit über 20.000 Steine in ca. 500 Städten und Gemeinden verlegt.
Dank großzügiger Spenden konnten am 28. Oktober 2010 in Köthen acht Steine von Gunter Demnig verlegt werden. Diese ersten Stolpersteine erinnern an jüdische Geschäftsleute, die im November 1938 ihrer Existenz beraubt und aus ihrer langjährigen Heimatstadt vertrieben und ermordet wurden.
Drei Steine für Alfred Tokayer und seine Eltern am Buttermarkt 9 erinnern an den 1943 in Sobibor ermordeten Komponisten. Er wurde 1900 in Köthen geboren und war der Sohn des Kaufmanns Moritz Tokayer. Die Familie hatte über 30 Jahre lang ein Schuhgeschäft, verkaufte aber auch Herren- und Knabengarderobe. Alfred Tokayer studierte Musik u.a. in Frankfurt, war am Bremer Stadttheater und an der Berliner Volksoper engagiert. Er emigrierte 1935 nach Frankreich, wurde dort 1943 verhaftet und in Sobibor ermordet.
Jeweils ein Stein wird für Doris und Max Meyer vor ihrem Wohnhaus in der Baasdorfer Straße 43 verlegt. Ein Textilwarengeschäft eröffnete Gustav Michels 1914 im Haus Buttermarkt 15. Seine Tochter Doris, verheiratet mit dem Kaufmann Max Meyer aus Haltern/Westfalen, übernahm den Handel mit Modewaren und Konfektion nach dem Tod ihres Vaters 1920. Am 10. November 1938 trafen Boykottmaßnahmen und Plünderungen die Geschäftsinhaber. Sie verloren ihr Unternehmen und auch ihr Haus. Das Schicksal von Doris und Max Meyer ist unbekannt. Sie wurden im Jahre 1952, mit Wirkung ab 8. Mai 1945, für tot erklärt.
Zwei Steine wurden für Isidor Schönfeld und seine Frau Lina, geb. Kronheim am Haus Schalaunische Straße 28 verlegt. Das moderne Kaufhaus Moser - Inhaber Isidor Schönfeld florierte ab 1919. Isidor Schönfeld wurde 1872 in Rosenfelde geboren, heiratete in Köthen Lina geb. Kronheim und war aktives Mitglied im Vorstand der jüdischen Kultusgemeinde. Die Firma Moser/Schönfeld spendete den Brunnen am Bahnhofsvorplatz und spendete jährlich zu Weihnachten für Bedürftige der Stadt. Auch für Familie Schönfeld endete das Wirken in Köthen mit den Novemberpogromen. Er zog 1939, nachdem er sein Geschäft und Haus verkaufen musste, nach Berlin. Von dort wurde er 1942 nach Theresienstadt deportiert und ermordet. Seine Frau Lina wurde 1943 in Auschwitz ermordet.
Ein Stein wurde für Betty Reyersbach an der Springstraße 18 verlegt. Betty Reyersbach wurde 1864 in Köthen geboren. Ihr Vater war der Oldenburger Produktenhändler Moses Reyersbach. Er eröffnete ein Geschäft und handelte mit Lederwaren. Betty war das dritte Kind der Eheleute Reyersbach. Ihr Bruder Waldemar verzog von Köthen nach Frankfurt an der Oder. Die Schwester Frieda, verheiratete Herzberg, ließ sich in Berlin nieder. Nach dem frühen Tod des Vaters 1869 führte seine Ehefrau Laura, geb. Benscher die Geschäfte weiter. 1909 verstarb auch sie, und Betty lebte allein in der Springstr. 18. Sie erhielt 1938 den so genannten "Bescheid über die Judenvermögensabgabe" und musste 1000 Mark an Sühneleistung aufbringen. Sie wurde diffamiert durch die Auflistung 1939 der 75 noch in Köthen lebenden Juden. Betty verlor ihr Haus und zog, wie andere Köthener Juden auch, in die Baracke Nr. 4 auf dem Viehmarktplatz. Von dort aus kam sie 1943 nach Theresienstadt und wurde am 19. Februar 1943 ermordet.